»Spielen, um zu gewinnen« Macht und Wirksamkeit in Organisationen. Autorin: Theresia Volk

von: Lothar Franz

17/3/2020

Dieses Fachbuch bietet keine Gebrauchsanweisung zur Erlangung oder Abwehr von Macht. Es beinhaltet einen sehr kompakten Überblick zum Thema Macht in der Organisation und in der Beratung. Es werden zwar schon bekannte Theorien, Überlegungen und Erfahrungswissen dargelegt, die spezielle Rezeption und Zusammenstellung des schon Bekannten ergibt aber eine besondere Melange. Der/die Leser*in wird eingeladen, sich auf das unübersichtliche Gelände der Macht (zumindest gedanklich) einzulassen. Der Wechsel zwischen anspruchsvoll fachlichen Erläuterungen, Bonmots, Alltagspraxis, sogar mit einer (wahren) Geschichte aus dem Tierreich und aktuellen Entwicklungen (Agilität und Diffusion von Macht), erleichtert den Zugang in diese komplexe Welt. …bis hin zur »machtbewussten Beratung«. Die Autorin umreißt Sach- und Machtlogik. Sie weist darauf hin, wie nichtsachliche begründete Argumentationsketten neue Fakten schaffen, wie falsche Etikette Inhalte verschleiern, wie Machtspiele gendermäßig unterschiedlich arrangiert werden und wie sich mikropolitische (Macht)Techniken verdeckt unterhalb der Schwelle des Besprechbaren manifestieren. Psychologische, soziologische und (kultur)philosopische Verweise u.a. auf von Ameln/Heintel, Baecker, Brecht, Foucault, Han, Kant, Lewin, Luhmann, Mintzberg, Neuberger und Weber werfen ergänzend erkenntnisreiche Schlaglichter auf das Phänomen Macht.

Die Regelwelt der harten Sachlogik in Unternehmen und die daraus erwachsene Rationalität gibt vor, die verlässliche Basis aller Entscheidungen zu sein. Um dem Machtphänomen auf die Spur zu kommen, bedarf es jedoch eines Paradigmenwechsel: Beziehung/-slogik vor Sache/Sachlogik. »Die Basis ist die soziale Ebene, auf der Menschen sich überzeugen, gewinnen, verführen und losschicken lassen, etwas zu tun oder erlauben.«. Zumindest aus beraterischer Perspektive gilt es also, dass Vorgehen an der weichen Sozial- und Beziehungslogik auszurichten. Jedoch allein schon der Versuch, sachlich (!) Macht und Beziehung in der Arbeitswelt anzusprechen, gleicht  einem Schritt in ein Minenfeld.

Entlastend (aber auch herausfordernd) für Berater*innen ist das Plädoyer der Autorin für Macht und mikropolitische Aktionen. Das bedeutet, auch als Berater*in, machtvoll und risikobewusst seinen/ihren Einflussbereich im Rahmen der Beratung auszuloten und entsprechend mutig zu handeln. Das Thema Macht offen adressieren und nicht tabuisieren. Das dies auch für die erfahrene Autorin und Beraterin in ihrer eigenen Praxis nicht so einfach ist, geht aus der sympathisch augenzwinkernden vierten Kapitelüberschrift hervor: »So ungefähr geht das praktisch – machtbewusste Beratung in vier Schritten«. Hier ist das Kernthema die Analyse von persönlichen Interessen. Dazu zählt auch das (anspruchsvolle!) Interesse an den Interessen anderer. Wie diese vier-Schritt-Abfolge (Ich, der Andere, Spielregeln und Strategien) konkret ausgestaltet werden kann, welche Chancen, Risiken und Nebenwirkungen möglich sind, wird praxisnah geschildert.

Fazit: Dieses kleine 110 Seiten umfassende Fachbuch skizziert optimal einen aktuellen Sachstandsbericht zum Thema. Es macht Lust, sich mit der Währung Macht in der eigenen Praxis auseinanderzusetzen, nicht zuletzt auch mit Hilfe der zahlreichen Literaturverweise, die Interessierten weitere Wege in das komplexe Feld ermöglichen.

 

Erschienen in: Zeitschrift für  OrganisationsEntwicklung (ZOE) Nr. 2  I  2020

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